7
K. 3 Oberitalien.
Dieses wurde erst zur Zeit des Augustus zu Italien ge-
rechnet und viele Militairkolonien in demselben gegründet. Es
umfaßte drei Landschaften: Liguria, Gallia eisalpina oder togata
und Venetia nebst Carnia und Jstria.
1. Liguria umfaßte zur Zeit des Augustus den Küstenstrich,
welcher im Norden vom Po, im Osten von der Trebia und
Macra, im Westen vom Varus und im Süden vom ligustischen
Meere begrenzt wird. Die Bewohner btefer, Gebirgsgegend be-
schäftigten sich vorzüglich mit der Jagd und trieben auch schon
einen ziemlich lebhaften Handel. Genua war ihr Haupthandels-
platz. Dahin brachten sie ihre Waaren, besonders Thierfelle,
Holz und Honig. Dort erschienen auch schon die Karthager, diese
Waaren abzuhohlen, vor allen aber die Massilier, die hier eine
eigene Stadt, Nicäa, das heutige Nizza, gründeten. Bei Vada
Sabatia, dem heutigen Savöna, fangen die Seealpen an.
2. Gallia cisalpina, d. i. das diesseits der Alpen gelegene
Gallien, hat seinen Namen von den Galliern erhalten, die schon in
alter Zeit, lange vor dem berühmten Zuge des Hannibal, über die
Alpen gegangen waren und die alten Einwohner des Landes,
die Tusker, aus diesen fruchtbaren Ebenen vertrieben hatten.
Die neuen Bewohner nahmen mit vielen römischen Kolonisten
auch römische Sitten und Gebräuche an; und von dem Anlegen
der Toga insbesondere, der Nationaltracht der Römer, erhielt das
romanisirte Gallien auch den Namen Gallia togata, im Gegen-
satz zu dem jenseitigen Gallien, welches liraeoata genannt wurde,
weil die Bewohner die bei den Römern ungebräuchlichen Hosen
(braoeas) trugen. Die Landschaft war außerordentlich fruchtbar
und voll blühender Städte, welche einen lebhaften Verkehr trie-
den, der durch den Padus oder Po sehr befördert wurde. Die-
ser ist der Hauptstrom des Landes. Er theilt dasselbe der Länge
nach in zwei Theile. Der nördliche heißt Gallia transpaüana
oder das jenseits des Po gelegene Gallien, der südliche Gallia
eispaüana oder das diesseits gelegene.
In dem ersteren, dem nördlichen Theile, strömen aus den
Alpen mehre Flüsse dem Po zu und nehmen alle ihren Lauf
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Extrahierte Personennamen: Augustus Liguria Augustus Varus Gallia Hannibal
133
zu Senatoren, vertheilte die niedere Volksklaffe der Stadt in
alle Tribus und verschaffte ihr so die Gewalt, in jeder Angele-
heit durch die Mehrzahl der Stimmen zu entscheiden. Solche
Anordnungen aber konnten argen Unfug veranlassen und dem
Staate gefährlich werden. Daher wurde schon das Jahr darauf
jene Senatorenwahl wieder vernichtet, und im Jahre 304 schränkte
Q. Fabius als Censor die über alle Tribus vertheilten Frei-
gelassenen auf die vier städtischen Tribus ein und erhielt für
dieses Verdienst den Beinamen Marimus. — Im Jahre 300
wurde durch das von den Tribunen Quintus und Cnejus Ogul-
nius ausgegangene Gesetz (lox Ogulnia) den Plebejern auch der
Zugang zu den Priesterwürden eröffnet. Jtl das bisherige Col-
legium der vier patricischen Pontifices wurden eben so viele
plebejische, und in das der vier patricischen Auguren fünf plebe-
jische ausgenommen. — Im Jahre 289 wurden die Triumviri
capitales als Verwalter der Criminalpolizei eingesetzt. — Im
Jahre 286 endlich erfolgte, wegen harter Bedrückung der Schuld-
ner, die dritte und letzte Auswanderung der Plebejer auf das
Janiculum. Q. Hortensius wurde zum Diktator ernannt und
bewirkte die Aussöhnung. Durch ein Gesetz, welches er erließ
(lex Hortensia), wurde die lex Publilia über die allgemein ver-
bindende Kraft der Plebiscita wiederholt und bestätigt. Um die-
selbe Zeit hob ein anderes Gesetz, die lex Naenia, die Nothwen-
digkeit der Bestätigung der in der Centuriatversammlung ge-
schehenen Wahl durch die Curiatversammlung auf. Somit war
die Verfassung zu ihrem endlichen Abschlüsse gekommen. An die
Stelle der früheren Aristokratie war jetzt eine vollständige De-
mokratie getreten. (Vergl. §. 27.).
§. 33. Krieg mit Larcut und mit Pyrrhus. 282 — 272.
Die krieggewohnten Römer wurden nun von einem sieg-
reichen Kampfe zum andern fortgerissen. Unter den Städten von
Großgriechenland, welches die südliche Küste von Italien in sich
begriff, zeichnete sich Tarent, das heutige Taranto, eine Kolo-
nie der Spartaner, aus. Durch einen ausgedehnten Handel,
welchen die 2age der Stadt an jenem nach ihr benannten Meer-
busen besonders begünstigte, waren die Tarentiuer sehr reich und
mächtig, aber auch zugleich sehr üppig und weichlich geworden.
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!
402
So sehr der Sinn des Römers sonst auf die äußeren Ver-
hältnisse des Lebens und das unmittelbar Nützliche gerichtet war,
so verachtete er doch eigentlich den Handel als ein niedriges
Gewerbe, obschon die Lage Rom's und die Verbindung mit den
schönsten Ländern der Erde besonders dazu einzuladen schienen.
Dieser blieb lange den Fremden, Freigelassenen und Sklaven
überlassen. Doch nahmen in späterer Zeit die Ritter am Groß-
handel Theil. Sie vereinigten ' sich zu Gesellschaften für An-
pachtung der Staatseinkünfte, für Banquier- und Wechselge-
schäfte, für Lieferungen und Entreprisen. Solche Großhändler
nannte man vorzugsweise neg-okisloros, so wie ihre Geschäfte
neß-otia. Auch jedes städtische Gewerbe galt für keine an-
ständige Beschäftigung eines freien Bürgers und blieb Fremden,
Freigelassenen und Sklaven überlassen. Für die wichtigste und
ehrenvollste Erwerbsquelle galt der Ackerbau, und Grundbesitz
war der vornehmste und fast einzige Reichthum des Römers.
Die größten Feldherren und Staatsmänner, deren Häupter der
Lorbeer schmückte, beschäftigten sich, zumal in der ältern Zeit,
am liebsten auf ihrem Acker hinter dem Pfluge, und der Land-
bau war die kräftigste Pflanzschule aller römischen Tugenden.
Sogar die Namen so mancher der angesehensten Römerfamilien,
wie Fabius, Lentulus, Pifo, Cicero und viele andere sind ganz
vom Landbau und von gemeinen Gartengewächsen hergcnommen.
Mit dem wachsenden Umfange des Reichs vermehrte sich auch der
Grundbesitz einzelner Bürger. Die einfachen Landsitze der Vor-
zeit verwandelten sich in prachtvolle Villen, auf welche sich der
reiche Besitzer von den Staatsgeschäften zurückzog, und die Be-
treibung der Landwirthschaft ward größtentheils ärmeren Bür-
gern, Clienten und Sklaven überlassen. Seitdem der Ackerbau,
der festeste Grundpfeiler des Staates, im Ansehn sank, sank auch
der Staat selbst mehr und mehr von seiner frühern Höhe hinab.
K. 88. Erziehungswesen.
Die Erziehung der Zugend war in der älteren Zeit mehr auf kör-
perliche als geistige Ausbildung gerichtet, und bestand hauptsächlich in
einer frühzeitigen Angewöhnung an die Sitten und Handlungsweise
des rechtlichen Staatsbürgers. Die nöthigsten Elementarkenntnisse
erhielt der Knabe entweder im elterlichen Hause, oder in Privat-
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86
Handel gewannen. Letzteres ist wohl das Wahrscheinlichere. Dieser Bernstein, Elektron genannt, wurde damals der Selten-heit wegen dem Golde gleichgeschtzt. Die Phnizier verarbei-teten ihn zu Halsketten, Armbndern und andern Schmuck-fachen. So durchkreuzten ihre Schiffe die Meere nach allen Richtungen und kehrten reichbeladen zurck.
29. Erfindungen der Phnizier.
Die Handelsgegenstnde der Phnizier bestanden aber nicht blo in fremden Waaren, die sie zusammenbrachten und um-setzten; in ihren Stdten selbst herrschte der grte und leb-hasteste Gewerbflei. Unter ihren Fabriken stand die Frberei, besonders in Purpur, oben an. Sie selbst waren die Erfinder des Purpurs. Ein Schferhund, so geht die Sage, hatte am Meeresftrande nahe bei der Stadt Tyrus Purpurschnecken zerbissen und kam mit hochrother Schnauze zu seinem Herrn zurck. Dieser meinte, sein Hund sei verwundet und wischte ihm mit Wolle das vermeintliche Blut ab. Zu seinem Erstau-nen fand er nicht die geringste Verwundung, die Wolle aber schn und glnzend roth gefrbt. Neugierig folgte er der Spur seines Hundes und entdeckte nun, da die vom Meere an die lyrische Kste ausgeworfenen Schnecken einen solchen rothfr-benden Saft enthielten. Dieser tyrische Purpur, befon-ders der hochrothe und violette, wurde in Kurzem so berhmt, da er fr die grte Kostbarkeit galt, mit welcher sich nur Könige und die reichsten Leute schmcken konnten. So lesen wir beim Evangelisten Lukas, wo von dem reichen Manne die Rede ist: Es war ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur." Und weil die Frbung bei den Phniziern durch" gehends in die Wolle geschah, so mute die Weberei mit der Frberei in genauer Verbindung stehen. *)
*) Jetzt ist die kostbarste rothe Farbe die Schar lach frbe au5 Cochenillwrmern. Purpur kennt man nicht mehr.
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34
der hebrische Name Abimelech, welcher einer der ltesten Stammfrsten war (die Bibel erwhnt seiner in der Geschichte Abraham's), zu deutsch: Mein Vaterknig." Diese Verfassung, in welcher die Wrde des Fürsten mit der eines Hausvaters vereinigt ist, wird die patriarchalische genannt, wie bereits frher bemerkt wurde.
Unter der Beschftigung mit dem Ackerbau erwuchs der aus dem Familienbande hervorgegangene Stamm bald zu einem Volke heran, welches Drfer und Sldte grndete. Die ersten so entstandenen Staaten waren noch sehr klein und unbedeutend. Da gab es fast kein Dorf, keine Stadt, worin nicht ein besonderer K-nig war. In dem einzigen Thale bei Sodoma wohnten fnf K-nige, welche auszogen, vier andere benachbarte zu bekriegen, und Abraham schlug mit 318 Knechten die letzteren, welche seinen Vet-ter Lot gefangen weg'h-ten. Josue schlug in Palstina sogar ein und dreiig Könige Auch die Macht dieser Könige war noch sehr gering und hing grlentheils von ihren persnlichen Eigenschaf-ten ab. Bei gemeinsamen Angelegenheiten versammelte der K-nig die Famiiienhupter um sich, hrte ihre Meinungen an, zog sie in Ueberlegung, und was in diesem Familienrathe als das Beste sich herausst llte, erhob er zum Beschlu fr das Ganze.
Mit der Zeit aber wurden diese Knigreiche grer. Neue Anbauer, neue Stmme schlssen sich an und traten in die Verfassung ein; andere wurden auch wohl zum Anschlsse gezwungen. Hiermit wurden auch die Verhltnisse umfangreicher und verwickelter. Das Oberhaupt, der König, bedurfte grerer Befugnisse und einer ausgedehnteren Gewalt, um Recht und Ordnung zu handhaben. Damit der König sich ausschlielich dem wichtigen Geschfte der Negierung widmen knne, ward er jedem anderen Geschfte berhoben. Das Volk versorgte ihn mit den nthigen Lebensmitteln und brachte ihm reiche Geschenke. Aus solchen freiwilligen Beitrgen entstanden mit der Zeit regelmige und gesetzliche Abgaben, die noch jetzt jedes Volk fr seine Ruhe und Wohlfahrt seinem Fürsten entrichtet.
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I
203
verschaffen, die man vorher gar nicht gekannt hatte. Reich beloben fehlten ihre Schiffe mit den kostbarsten Waaren bei Morgenlanbes znrck und verschickten sie nebst den Erzengnisien ihres eigenen Landes durch alle Staaten Europas. Ihrem Bei-spiele folgten bald andere Städte. Durch die Kreuzzge kam unter (inbereit Safran, Indigo, Alaun und das Zuckerrohr nach Europa. Letzteres lernten die Kreuzfahrer bei Tripolis in Syrien kennen. Es wurde zuerst nach Sicilien verpflanzt, von Sicilieu kam es spterhin nach Madeira und, nach der Entdeckung von ! Amerika, nach Brasilien und Westinbien, von wo wir jetzt uu-seren Zucker beziehen. Der König Roger Ii. von Sicilien nahm (1140) zuerst Seidenarbeiter aus den griechischen Stdten Korinth und Theben mit sich nach Palermo, das baburch die Mutterstadt aller abendlndischen Seidenfabriken geworden ist. Von da kam der Seidenhandel in die Lombarbei, in das sbliche Frankreich und so nach und nach weiter in die brigen Staaten Europas.
Der gewhnliche Lanbweg der Kreuzfahrer ging lngs der Donau nach Constantinopel. Durch die fast ununterbrochenen Zge entstaub im sblichen Deutschland ein lebhafter Verkehr, und die bort gelegenen Städte, besonders Wien, das die Ver-bindung mit Constantinopel vermittelte, ferner Nrnberg, Augs-brg und Regensburg erwarben sich groen Reichthum. Aber auch im Norben war der Handel recht blhend. Fr Alles, was in den groen fdbeutschen Stbten gefertigt ober einge-hanbelt wrbe, erffneten sich zu Erfurt und Braunschweig neue Lagersttten, und fo zog sich nun ein neuer belebenber Handel vom abriatifchen Meerbusen bis an Rieben"achtens Ksten durch das Herz von Deutschland hinab. Insbesondre gaben die Waldungen an den Ksten der Ostsee das herrlichste Holz zum Schiffbau; in Schweden und Norwegen fand mau das trefflichste Eisen. Auch wurde groer Handel getrieben mit Bernstein und Pelzwerk. Vorzglich verschaffte der Fischfang einen sehr reichen Erwerb; benn damals wurden die Ksten der Ostsee noch
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Extrahierte Personennamen: Sicilieu
Extrahierte Ortsnamen: Europas Europa Tripolis Syrien Sicilien Amerika Brasilien Westinbien Sicilien Korinth Theben Palermo Frankreich Europas Donau Constantinopel Deutschland Wien Constantinopel Nrnberg Deutschland Ostsee Schweden Norwegen
290
sehr verbunden; jedoch wisse er nicht, wie er die Menge der
Auszeichnungen der Art, die er schon habe, neben einander
ordnen solle."
Indessen ist auch nicht zu leugnen, daß Potemkin sich
manche Verdienste um Rußland erwarb, indem er die groß-
artigen Bestrebungen seiner Kaiserin zur Beförderung der
Cultur des Landes kräftig unterstützte. Unter ihrer Regierung
wurden viele Städte, Kanäle und Erziehungsanstalten ange-
legt, öde Wüsten in fruchtbares Erdreich umgeschaffen, der
Handel begünstigt, die Gesetzgebung verbessert, und manche
Mißbräuche in der Staatsverwaltung abgeschafft. Ganz Ruß-
land fühlte den Segen ihrer Negierung und näherte sich mit
starken Schritten der Cultur der übrigen europäischen Völker.
Wir werden später, bei der Erzählung des Unterganges des
polnischen Reiches, noch einmal auf diese Kaiserin zurückkom-
men müssen.
63. Gustav Hl., König von Schweden (1771—1792).
In demselben Maße, in welchem Rußland aus seiner
früheren Stellung sich hinaufschwang, sank Schweden von sei-
ner früheren Höhe hinab. Dieses war durch seine vielen
Kriege, besonders unter Karl Xii., ganz erschöpft und unzu-
frieden wegen der vielen und leichtsinnig unternommenen Kriege.
Daher entwarfen sogleich nach dem Tode Karl's Xii. die
Reichstände eine Verfassung, durch welche die königliche Macht
wesentlich beschränkt wurde, und ihnen das Recht der Ent-
scheidung über Krieg und Frieden, Gesetze und Abgaben zukam.
Neben den Reichständen gab es noch einen Neichsrath, der
eigentlich die höchste Gewalt ausübte, weil die Neichstände
nur selten zusammenkamen. Die beiden ersten Nachfolger
Karl's Xii., der König Friedrich 1. und Adolf Friedrich, er-
trugen noch diese Beschränkung, nicht aber des letzteren Sohn,
Gustav 111., der im Jahre 1771 seinem Vater in der Ne-
gierung folgte. Dieser junge liebenswürdige Fürst gewann
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Hl. Gustav Karl_Xii Karl Friedrich Friedrich Adolf_Friedrich Adolf Friedrich Gustav_111. Gustav
188
theile ihr Grab fanden; so blieben dennoch ihre Züge für die
Bildung und Veredelung Europas von überwiegendem Nutzen.
Durch sie erst ward den Abendländern das ihnen noch unbe-
kannte Morgenland mit allen seinen reichen Erzeugnissen auf-
geschlossen. Der Anblick der blühenden Städte umher, das heitere
Leben in Künsten und Wissenschaften, in welchen die Morgen-
länder den Abendländern weit zuvor geeilt waren, regte wunderbar
ihren Geist auf und reizte zur Nachahmung. Mit neuen Ge-
danken, neuen Entwürfen in der Seele kehrten sie in ihre Heimath
zurück; was sie dort Schöucs und Vortreffliches gesehen hatten,
suchten sie auch hier einzuführen. Handel und Gewerbesteiß
erhielten durch die Verbindung mit dem Morgenlande neuen
Schwung; durch sie erhoben sich mehrere Städte aus ihrer
früheren Dunkelheit zu einem nie gesehenen Glanze. Blühende
Städte erhoben sich an Italiens Küsten. Venedig, die Königin
des Meeres, handelte mit zweihundert Schissen; Freistaaten ge-
diehen, welche an den Zauber des griechischen Staatenlcbeus
erinnern. Reichthum durch Handclserwerb weckte das Streben
nach Genuß und Anmuth des Lebens. Die herrlichsten Erzeug-
nisse des Morgenlandes brachten die Kreuzfahrer mit in ihre
Heimath zurück, manche von denselben verpflanzten sie sogar auf
vaterländischen Boden. Und was noch weit wichtiger ist, die
Kreuzzüge besonders legten den Grund zur Ausbildung und Ver-
edelung der einzelnen Stünde der bürgerlichen Gesellschaft. Fast
alles, was bei den abendländischen Völkern früher nur keimte
und sproßte, trat nunmehr in voller Blüthe hervor. Es mag
deshalb hier der passende Ort sein, einen Ruhepunkt in der
Geschichte zu machen und eine Schilderung des Mittelalters
überhaupt folgen zu lassen, aus welcher zugleich der Einfluß der
Kreuzzüge klarer hervortreten kann.
57. Das Ritterthum im Mittelalter.
Anfänglich bestanden die Heere der Deutschen, wie auch der
meisten übrigen Völker Europas, größtenthcils aus Fußgängern.
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Extrahierte Ortsnamen: Europas Italiens Venedig Europas
202
den Erzeugnissen ihres eigenen Landes durch alle Staaten Eu-
ropas. Ihrem Beispiele folgten bald andere Städte. Durch
die Kreuzzüge kam unter anderen Safran, Indigo, Alaun und
das Zuckerrohr nach Europa. Letzteres lernten die Kreuzfahrer
bei Tripolis in Syrien kennen. Es wurde zuerst nach Sici-
lien verpflanzt, von Sicilicn kam es späterhin nach Madeira
und, nach der Entdeckung von Amerika, nach Brasilien und
Westiudien, von wo wir jetzt unseren Zucker erhalten. — Ter
König Roger 11. von Sicilien nahm (1140) zuerst Seiden-
grbeiter aus den griechischen Städten Korinth und Theben mit
sich nach Palermo, das dadurch die Mutterstadt aller abend-
ländischen Seidenfabriken geworden ist. Von da kam der Sei-
denhaudel in die Lombardei, in das südliche Frankreich und so
nach und nach weiter in die übrigen Staaten Europas.
Der gewöhnliche Landweg der Kreuzfahrer ging längs der
Donau nach Constantinopel. Durch die fast ununterbrochenen
Züge entstand im südlichen Deutschland ein lebhafter Verkehr,
und die dort gelegenen Städte, besonders Wien, das die Ver-
bindung mit Constantinopel vermittelte, ferner Nürnberg, Augs-
burg und Regeusburg, erwarben sich großen Reichthum. Aber
auch im Norden war der Handel recht blühend. Für Alles,
was in den großen süddeutschen Städten gefertigt oder ein-
gehandelt wurde, eröffneten sich zu Erfurt und Braunschwcig
neue Lagerstätten, und so zog sich nun ein neuer belebender
Handel vom adriatischen Meerbusen bis an Niedersachsens Kü-
sten durch das Herz von Deutschland hinab. Insbesondere
gaben die Waldungen an den Küsten der Ostsee das herrlichste
Holz zum Schiffbau; in Schweden und Norwegen fand man
das trefflichste Eisen. Auch wurde großer Handel getrieben
mit Bernstein und Pelzwerk. Vorzüglich verschaffte der Fisch-
fang einen sehr reichen Erwerb; denn damals wurden die Kü-
sten der Ostsee noch häufiger als jetzt von Heringen besucht.
Den Handel im Norden trieben vorzüglich Lübeck, Hamburg,
Bremen und Wisby. In Wisby, welches jetzt nur ein unbe-
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Extrahierte Personennamen: Bernstein
Extrahierte Ortsnamen: Europa Tripolis Syrien Madeira Amerika Brasilien Sicilien Korinth Theben Palermo Lombardei Frankreich Europas Donau Constantinopel Deutschland Wien Constantinopel Erfurt Niedersachsens Deutschland Ostsee Schweden Norwegen Hamburg Bremen Wisby
71
über fünf und zwanzig Meilen lang und kaum fünf Meilen breit.
Von dem übrigen Asien war es durch das Hobe Gebirge des
Libanon und Antilibanon geschieden, der dasselbe in der Form
eines Halbkreises umgibt. Das Gebirge hat seinen Namen, der
weiß bedeutet, von dem Schnee, mit welchem die höchsten Gipfel
desselben immerwährend bedeckt sind. Das Innere des Landes
war größtentheils felsig und unfruchtbar; weder Ackerbau noch
Viehzucht konnte die Bewohner ernähren. Um so reicher aber
war das benachbarte Meer an Zischen aller Art. Dieses führte
die früheren Bewohner erst zur Fischerei, dann zum Schiffbau
und so stusenmäßig von der Seeräuberei bis zum blühendsten
Handel.
Ost schon sind arme unfruchtbare Länder, wie Holland, ein-
zelne Städte sogar, wie Genua und Venedig, durch den Handel
groß und mächtig geworden. Weil wir nun gerade bei dem
ältesten handelnden und seefahrenden Volke stehen, so wollen wir
hier das Wesentlichste von der Schiffahrt und dem Handel über-
haupt und von den segensreichen Folgen derselben vorausschicken.
24. Ältester Handel. — Münzen.
Der erste Handel konnte nur darin bestehen, daß man Waaren
gegen Waaren vertauschte. Dem Einen mangelte bald dieses bald
jenes, was der Andere im Überflüsse hatte, und Diesem fehlte wieder
gerade das, womit Jener reichlich versehen war. Was war also
der natürlichste Gedanke? Sie tauschten mit einander. Diese
Art Handel ist noch jetzt bei den Wilden in Amerika. Schätzung
des Werthes nach dem Augenmaße bestimmt dabei den Preis.
Jedoch war ein derartiges Tauschen nicht immer möglich.
Denn es hielt äußerst schwer, iinmer Denjenigen aufzufinden, der
das Genußmittel, welches man gerade brauchte, überflüssig besaß,
und zugleich desjenigen Genußüüttels bedurfte, welches man ihm
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Holland Genua Venedig Amerika